Neuigkeiten und Richtigstellungen zum Abriss Breite Straße 10 / Abriss am 13. Mai

Der Eigentümer des Grundstücks ist laut einer Auskunft der Stadtverwaltung die „BFL Vermögensverwaltung GmbH“ in Dresden.

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Der Vorstand des Kuratoriums Altstadt Pirna e.V. hat an die deutsche Niederlassung der Handelskette „Schwarzer“ Netto, Sitz in der Reuterstadt Stavenhagen, geschrieben und gebeten, das Haus zu erhalten (Postausgang 1.4.14 – noch keine Antwort).

Nach bisherige Recherche ließ sich nicht feststellen, dass das Haus schon einmal zum Verkauf ausgeschrieben war. Die Begründung des Landesamtes für Denkmalpflege, es sei eine „Problemimmobilie“, die nach 25 Jahren noch keinen Nutzer gefunden (siehe den veröffentlichten Brief), dürfte damit auf sehr schwachen Füßen stehen. Die drei benachbarten Häuser Breite Straße 4, 6 und 8 stehen auch seit langem leer (gleiche Verwaltung wie bei Breite Straße 10), obwohl sie keine „Problemimmobilien“ sind. Dieser Umstand führt zunächst auf andere Ursachen des Leerstandes als sie das Landesamt für Denkmalpflege angibt.

Neben der Presse haben Stadträte in Anfragen an die Stadtverwaltung auf die Sache reagiert: Franziska Kuhne (SPD/Grüne) und Peter Tränkner (Pirnaer Bürgerinitiativen). Die Antworten der Stadtverwaltung findet man im Internet unter „Pirna Ratsinformationssystem“ – … – „Stadtratssitzung 15.4.2014“. In diesem Zusammenhang eine Richtigstellung zur Antwort des Fachdienstleiters Möhrs auf die Anfrage von Stadtrat Tränkner: Nicht drei, sondern nur zwei Häuser sind aus der Zeit Canalettos an der Breiten Straße erhalten geblieben. Denn das Haus Breite Straße 3, das der Fachdienst nennt, ist erst 1802 erbaut worden (Baualtersbestimmung durch Holzproben).

Pirna, 14.4.2014        Vorstand des Kuratorium Altstadt Pirna e.V.

Weitere Informationen

Das Kuratorium Altstadt Pirna e.V. hat am 15.4.2014 in der Stadtratssitzung im Rahmen des Tagesordnungspunktes „Anfragen der Einwohner“ Kritik an der Darstellung der Stadtverwaltung geübt, die Installierung des Netto-Marktes sei nicht zu verhindern gewesen. Mit dieser Darstellung wurden die Mitglieder des Stadtentwicklungsausschusses zum „gemeindlichen Einvernehmen“ gedrängt. Richtig ist, daß die Installierung des Schwarzen-Netto-Marktes durch die Genehmigung des Abrisses des Hauses Breite Straße 10 ermöglicht wurde, diese Genehmigung erfolgte am Stadtrat und an der Öffentlichkeit vorbei. Dei Stadt wollte den neuen Supermarkt und hat ihren Wunsch nach Abbruch des Denkmals an das Landesamt für Denkmalpflege herangetragen. Ein demokratischer Meinungsbildungsprozeß wurde schon im Ansatz verhindert.

Da die deutsche Niederlassung der Firma Netto in Stavenhagen auf den am 31. März geschriebenen Brief nicht antwortete, schrieb der Vorstand des Kuratoriums am 23. April 2014 auch an die dänische Zentrale. Dargelegt wurde dabei u.a., daß der Netto-Markt auch ohne die überbreite zweite Einfahrt von der Breiten Straße möglich ist.

Auch Stadträte fühlen sich in der Frage Breite Straße 10/Schwarzer-Netto-Markt schlecht informiert und ausgebremst. Auf der Stadtratssitzung am 15.4.2014 brachte die Fraktion SPD/Grüne den Antrag ein, daß die Stadtverwaltung den Hergang lückenlos dokumentiert, die angebliche Alternativlosigkeit des Abbruches darlegt und künftig dem Kuratorium als kompetenten Kulturverein bevorstehende Abbrüche nicht mehr verheimlicht. Die Stellungnahme der Verwaltung dazu war überaus unbefriedigend, die Dresdner Zeitung DDN titelte dazu „Stadt will Pirnaer Denkmalverein ausbremsen“. In der Ausschußsitzung am 8. Mai 2014 wurde der Antrag der Fraktion SPD/Grüne kontrovers verhandelt und am Ende mehrheitlich angenommen. In dieser Sitzung wurde seitens der Stadträte die Politik der Stadtverwaltung kritisiert, immer mehr Verkehr in die Innenstadt zu ziehen, so auch durch den Nettomarkt. Herr Oberbürgermeister Hanke äußerte dazu, daß er als Anwohner an einem Autobahnzubringer (er nannte die Pratzschwitzer Straße) den Verkehr auch auszuhalten habe und eine verkehrsfreie Innenstadt ja heute nicht mehr das Ziel sei. Ähnlich platt äußerte er sich zum Denkmalschutz (Breite Straße 10): Es habe immer Abrisse gegeben, das ermögliche Fortschritt.

Breite Straße 10 und der vorgesehene Schwarze-Netto-Markt liegen in einem rechtsverbindlich ausgewiesenen Erhaltungsgebiet. Dies wurde den Stadträten bei der Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens nicht deutlich gemacht, in der Beschlußvorlage fehlt der Hinweis. Ein Erhaltungsgebiet wird erlassen, um die „städtebauliche Eigenart“ eines Gebietes zu erhalten. Die Schaffung einer Baulücke in einer historischen Straße, gesäumt von Baudenkmalen, ist das Gegenteil; die Etablierung eines Supermarktes mit dem Charakter von Gewerbegebietsarchitektur (ablesbar an den vorliegenden Entwürfen für den Schwarzen Netto, aber schon an der veranschlagten Bausumme von nur ca. 1 Mio Euro kenntlich) ist ebenfalls nicht vereinbar mit dem Erhaltungsgebiet. Vor diesem Hintergrund wird das Vorgehen der Stadtverwaltung zur städtebaulichen Neuordnung des Gebiets noch fragwürdiger.

Ein kurzer Kommentar zum Abschluß des vorstehenden Informationsblocks: „Politik ist die Kunst, die Leute daran zu hindern, sich um das zu kümmern, was sie angeht“ – diesen sarkastischen Satz des französischen Schriftstellers und Philosophen Paul Valerý erfüllt die von OB Hanke geleitete Pirnaer Stadtverwaltung mit ihrer Informationspolitik mit „Leben“, hier dem Kuratorium gegenüber, aber auch dem Stadtrat gegenüber. Seit drei Jahren will die Stadtverwaltung „um das Gebäude gerungen haben“. Ohne daß die Öffentlichkeit erfuhr, daß ein Abbruchantrag vorliegt …

13. Mai 2014: Letztes Plädoyer für den Erhalt des Baudenkmals in der Sächsischen Zeitung (Leserbrief von Frau Doris Schubert) +++ Eingang eines Antwortschreibens der Firma Schwarzer Netto vom 8.5. aus Stavenhagen auf den Brief des Kuratoriums vom 31.3. +++ Bereits in den regnerischen Morgenstunden dieses Tages Anrücken einer altmärkischen Abrißbrigade mit Bagger zum Niederreißen von Breite Straße 10. Bis zum Feierabend Entstehung eines Loches in der Straßenzeile mit dem plangemäßen Anblick von freigestellten Brandgiebeln der Hintergebäude des Nachbargrundstückes +++ Weitere Fortschritte bei der Etablierung einer städtebaulichen Niedrigkulturzone und steigender Verkehr sind zu erwarten

(A.S.)

Pirna, 13./16.5.2014         Vorstand des Kuratoriums Altstadt Pirna e.V.